
Vergebung – ein bewertendes Konzept mit Schuldzuweisung
Vergebung und Versöhnung werden oft synonym gebraucht. Für mein Gefühl unterscheiden sie sich aber gravierend. Vor allem auch aus Sicht unserer Seele.
Worin unterscheiden sich diese beiden Konzepte?
Was sagt dein Gefühl dazu?
In diesem Beitrag möchte ich dir meine Sichtweise darlegen. Die letztlich die Sichtweise meiner Seele ist.
Fühle dich in meine Anregungen hinein! Und dann entscheide, ob du sie aufnehmen möchtest. Frage dazu auch deine Seele. Frage deine innere Stimme, ob auch sie das Konzept der Aussöhnung bevorzugt.
Vorausschicken möchte ich jedoch, dass ich hier nicht von echten Verbrechen spreche. Darum geht es hier natürlich nicht. Sondern es geht um all das, wofür wir uns mit Schuldgefühlen quälen. Und dies meist fälschlicherweise.
Was dich in diesem Beitrag erwartet
- Vergebung versus Versöhnung
- Bei Vergebung gibt es Verurteilung
- Ich plädiere für Versöhnung
- Vergebung und inneres Kind
- Schuldgefühle sind fatale Energieräuber
- Allerlei Folgen von Schuldgefühlen
- Schuldgefühle bei alleingeborenen Zwillingen
- Vergebung versus Versöhnung bei Alleingeborenen
- Aus Vergebung wird Versöhnung mit uns selbst
- Vergebung versus Versöhnung im Allgemeinen
- Wiedergutmachung erübrigt Vergebung
- Ohne Fehler braucht es keine Vergebung
- Versöhnlicher Lebensrückblich
- Mein Tipp: zelebriere deine Aussöhnung
- Fazit
Vergebung versus Versöhnung
Für mich sind Vergebung und Versöhnung völlig unterschiedliche Konzepte.
Vergebung setzt voraus, dass etwas falsch gelaufen ist. Und dass jemand einen Fehler gemacht hat.
Sie agiert daher immer von oben herab. Also hat sie immer etwas Wertendes. Und meine Seele schätzt Wertung und Verurteilung ganz und gar nicht.
Versöhnung hingegen geschieht auf Augenhöhe. Sie wertet nicht. Und sucht auch keinen Schuldigen. Sie sucht – ganz im Sinne unserer Seele – Ausgleich.
Diese Unterscheidung scheint mir besonders für HSP wichtig zu sein. Hochsensible und hochsensitive Persönlichkeiten neigen besonders zu Schuldgefühlen. Speziell, wenn sie im Frühstadium der Schwangerschaft ihren Zwilling verloren haben.
Mehr zu dieser Kombination findest du in meinem Buch „HSP Test – bin ich hochsensibel“.
Der Test, den du darin findest, hilft dir, diese Anlage zu erkennen.
Bei Vergebung gibt es Verurteilung
Vergebung geschieht meinem Gefühl nach kaum je auf Augenhöhe. Denn sie hat immer ein Gefälle in sich. Die vergebende Person stellt sich über jene, der vergeben wird. Agiert also immer von oben herab.
Und oft mit einem Beigeschmack von Überheblichkeit. Sowie mit starker Wertung, die niemals in Seelen-Resonanz schwingt.
Da hat einer etwas schlecht und falsch gemacht. Und das wird verurteilt. Darauf basiert dann die Vergebung.
Meinem Gefühl nach könnte das in vielen Fällen anders aussehen. Dann nämlich, wenn sich die vergebende Person in ihr Gegenüber hineinversetzt. Denn dann wäre ihre Sichtweise wohl eine andere.
Daher gibt es in der Schamanischen Tradition eine kluge Empfehlung.
Geh in den Sandalen eines anderen
Ehe wir jemand anderen bewerten oder gar verurteilen, sollten wir eine Weile „in dessen Sandalen“ gehen.
Ist es dir schon einmal passiert, dass du deine Meinung nachträglich revidieren musstest?
Weil du neue Informationen hinzubekommen hast, die dir vorher gefehlt haben?
Die aber wesentlich waren, um die Situation objektiv zu beurteilen?
Und dann sieht auf einmal alles anders aus…
Ich plädiere für Versöhnung
Versöhnung hingegen geschieht auf Augenhöhe. Da gibt es keine Wertung und keine Verurteilung. Und daher braucht es auch keine Schuldzuweisung und keine Schuldgefühle. Sondern es geht um Nachsicht und harmonischen Ausgleich. Und das ist ganz im Geschmack meiner Seele.
Versöhnung und Aussöhnung fühlen sich für mich sehr wohltuend an. Sie wirken ausgleichend und stellen Harmonie her, wo etwas gekippt ist. Oft ohne bewusste Absicht.
Und sie fühlt sich ungemein entspannend an. Was ich von Vergebung ganz und gar nicht behaupten könnte.
Vergebung und inneres Kind
Wenn ich mich in Vergebung hineinfühle, dann spüre ich sofort ein Unbehagen. Und zwar sowohl in der Rolle der Vergebenden, als auch in jener, der vergeben werden soll.
Wie geht es dir in diesen beiden Rollen?
Und wie geht es deinem inneren Kind dabei?
Ich muss das schon in früher Kindheit so ungut empfunden haben. Denn es ist mir extrem schwergefallen, um Vergebung bitten zu müssen. Weil ein Erwachsener das von mir verlangt hat.
Und dies meist in einem recht rüden und bedrohlichen Tonfall, der mir sofort Schuldgefühle vermittelt hat.
Da hieß es: „Geh dich sofort entschuldigen!“. Dabei konnte oft beim besten Willen keine Schuld erkennen. Und wusste meist nicht, was ich falsch gemacht habe.
Oder auch: „Hast du mir nicht etwas zu sagen?“. Dieser Satz vermittelt mir noch heute ein ungutes Gefühl im Solarplexus.
Welche Schuld kann ein kleines Kind schon auf sich laden?
Welche gravierenden Fehler kann es schon machen?
Wie empfindest du das?
Schuldgefühle sind fatale Energieräuber!
Leider sind Schuldgefühle vor allem bei alleingeborenen HSP allgegenwärtig. Wir fühlen uns ständig schuldig. Obwohl wir uns eigentlich keiner Schuld bewusst sind.
Diese schuldlosen Schuldgefühle sind allerdings fatale Energieräuber. Denn sie baden uns in Stresshormonen. Und reduzieren uns auf den Entwicklungsstand eines Höhlenmenschen.
Was Stress alles mit dir macht, kannst du auch in meinem Stresslösungs-Buch nachlesen.
Wir schwingen andauernd im Kampf- oder Fluchtmodus. Und dieser kostet enorme Energie und macht uns auf Dauer krank. Außerdem schränkt er unsere mentalen Fähigkeiten massiv ein. Und zwar durch die damit verbundene Minderdurchblutung unseres Gehirns.
Allerlei Folgen von Schuldgefühlen
Darüber hinaus machen unsere Schuldgefühle uns magnetisch für weitere Schuldgefühle.
Daraus resultiert einerseits die Tendenz, anderen ihre Schuldgefühle abzunehmen.
Das gilt vor allem für Kinder und Enkel von Kriegsheimkehrern. Wir ertragen es kaum, mitanzusehen, wie sich diese mit ihren Schuldgefühlen quälen.
Andererseits ziehen wir Menschen an, die uns wieder und wieder Schuldgefühle vermitteln. Wenn wir selbst uns schuldig fühlen, dann strahlen wir diese Schuldgefühle über unser Herzfeld aus. Und werden damit resonant für genau dieses Thema.
Dann ziehen wir Partner an, die genau wissen, wie sie Schuldgefühle in uns erwecken. Und die uns damit oft auf perfide Art und Weise manipulieren.
Diese Co-Abhängigkeit wirkt sich vor allem dann fatal aus, wenn wir versuchen, uns aus einer solchen Beziehung zu befreien.
Denn dann fährt das Gegenüber, das nicht selten eine narzisstische Anlage hat, alle Geschütze auf. Und versucht, uns mit unseren eigenen Schuldgefühlen in der Beziehung zu haben.
Schuldgefühle bei alleingeborenen Zwillingen
All das passiert meist ohne echten Grund. Denn die Ursache dieser Schuldgefühle ist der Irrglaube, wir wären schuld am Tod unseres Zwillings.
Wir glauben unbewusst, wir hätten zu viel Raum beansprucht oder auch zu viel Nahrung. Obwohl das natürlich nicht stimmt.
Diese irrtümlichen Schuldgefühle erinnern an jene von Scheidungskindern. Denn auch diese fühlen sich oft für die Trennung ihrer Eltern schuldig. Und auch das ist ein fataler Irrtum, der das ganze Leben prägen kann.
Auch bei uns wirken sich diese schuldlosen Schuldgefühle fatal aus. Und ganz besonders der daraus resultierende Mangel an Selbstwertgefühl. Denn beides prägt unser ganzes Leben. Und lässt uns mit angezogener Handbremse Vollgas durchs Leben fahren.
Wir bemühen uns um Erfolg. Und hätten diesen aufgrund unserer Leistungen auch verdient. Aber zur gleichen Zeit sabotieren wir uns selbst aufgrund unseres fehlenden Selbstwertgefühls.
Vergebung versus Versöhnung bei Alleingeborenen
Wenn wir uns diese Mechanismen vor Augen führen, dann wird klar, wie die Heilung funktioniert. Zuerst gilt es, diesen Irrtum zu erkennen. Dann können wir unsere Schuldgefühle loslassen.
Und damit zugleich auch unser angeknackstes Selbstwertgefühl heilen.
Denn auch dieser Mangel an Selbstwertgefühl beruht letztlich auf diesem Irrtum. Nämlich dem Gefühl, wir müssten unsere Schuld tilgen. Weil wir glauben, unser Überlebt-Haben erst verdienen zu müssen.
Und dabei kommt uns das Konzept der Vergebung entgegen. Denn dieses steht in unserem Kulturkreis ja in engem Konnex mit der Erbsünde.
Auch dieses Konzept nimmt ja eine Schuld an, die es in Wahrheit nicht gibt.
Denn wie soll sich ein Neugeborenes bereits schuldig gemacht haben?
Welche Schuld kann ein neues Menschlein auf sich geladen haben?
Also suchen wir Vergebung, wo bestenfalls Versöhnung angebracht wäre, um Frieden zu finden.
Und da, so meint meine Seele, ist ein Umdenken dringend angebracht.
Aus Vergebung wird Versöhnung mit uns selbst
Unsere Heilung braucht also das Erkennen unseres Irrtums. Und dieses Erkennen wird in dem möglich, was ich den „Dialog der Hände“ nenne.
Zu dieser Technik gibt es hier auch einen eigenen Artikel:
Dabei trittst du schriftlich in Kontakt mit deinem verlorenen Zwilling im Jenseits. Und dieser wird dir deine Schuldlosigkeit gern bestätigen.
Wenn du dank dieses bidimensionalen Dialoges erkennst, dass du keine Schuld trägst, brauchst du auch keine Vergebung mehr.
Allerdings wäre es auch da nicht sinnvoll, dir zu vergeben. Denn du hast dich ja nicht absichtlich mit diesem Irrtum gequält. Weil du es nicht besser wusstest.
Aber Aussöhnung scheint mir wertvoll zu sein. Aussöhnung vor allem mit dir selbst.
Vergebung versus Versöhnung im Allgemeinen
Und meiner Ansicht nach gilt das für vieles, das wir uns nachtragen. Denn natürlich haben wir alle Dinge gemacht, die sich im Nachhinein als nicht ideal herausgestellt haben. Keine Frage.
Und dann finde ich es durchaus angebracht, zu sagen: „Es tut mir leid!“.
Aber dieses Bedauern sollte sich darauf beziehen, dass einer Person Schmerz zugefügt wurde. Und weniger darauf, dass etwas (bewusst) falsch gemacht wurde.
Fühlst du auch diesen Unterschied?
Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns je etwas absichtlich falsch oder schlecht gemacht.
Oder bewusst einem anderen geschadet oder wehgetan hat.
Und ein Fehler, aus dem ich gelernt habe, ist für mich kein Fehler mehr. Sondern eine Erfahrung. Die ich nun nicht mehr zu machen brauche. Denn immerhin weiß ich nun, dass sich diese Option nicht bewährt hat. Also war diese Erfahrung wertvoll.
Warum braucht es dann Vergebung?
Wiedergutmachung erübrigt Vergebung
All das ist passiert – in beiden Richtungen. Einfach, weil wir Menschen sind und Erfahrungen sammeln. Angenehme und unangenehme. Zu wiederholende und zukünftig zu vermeidende.
Auch uns wurde wehgetan oder geschadet. Aber auch das normalerweise nicht bewusst und absichtlich.
Wir haben danach getrachtet, all das wieder gut zu machen. Und die Geschädigten zu entschädigen.
Zumindest nehme ich das von Menschen an, die einen Artikel wie diesen lesen. Also vermutlich sehr bewusst leben.
Diese Wiedergutmachung kann auch bloß in der Vorstellung stattfinden. Denn unser Gehirn kann das nicht von tatsächlich Erlebtem unterscheiden. Also hat auch eine bloß vorgestellte Wiedergutmachung ihren Wert. Zumindest dann, wenn realer Ausgleich nicht möglich ist.
Und eine solche Versöhnung funktioniert auch im bereits erwähnten „Dialog der Hände“.
Ohne Fehler braucht es keine Vergebung
Daher ist für mich Vergebung nicht angebracht, wenn es keine Fehler gab. Sondern viel eher Aussöhnung. Mit diesem Konzept schwinge ich weit mehr in Resonanz.
Dafür gilt es, uns selbst und anderen all das, was aus heutiger Sicht nicht ideal gelaufen ist, nachzusehen. Und uns dann zu versöhnen. Auch da wieder sowohl mit uns selbst als auch mit unserem Gegenüber.
Entweder real, wenn das möglich ist, oder in der Vorstellung. Aber auch im „Dialog der Hände“. Den wir ja auch mit uns selbst führen können.
Und vor allem scheint es mir wichtig, uns mit uns selbst auszusöhnen. Also uns all das nachzusehen, was wir uns selbst angetan haben. Aber auch von anderen antun haben lassen.
Versöhnlicher Lebensrückblich
Dazu mag ein bewusster Lebensrückblick dienen. Auch dazu gibt es hier einen Beitrag.
Einerseits werden dir um Zuge dieser Rückschau zahlreiche frühe Indizien auffallen. Das vermute ich. Hinweise, die dich schon damals als alleingeborene HSP ausgezeichnet haben.
Und die dir so manche Erklärung liefern für deine Schuldgefühle und dein mangelndes Selbstwertgefühl.
Schenke dir und deinem inneren Kind dafür bitte all das Verständnis, das ihr braucht.
Du wirst bei diesem Rückblick einiges finden, was du heute anders machen würdest. Einfach, weil du reifer und weiser bist. Und nun Zugang zu einer neuen Klarheit hast. Aber aus damaliger Sicht konntest du gar nicht anders handeln.
Sieh dir all das nach! Und söhne dich mit dir selbst und deinem inneren Kind aus.
Mein Tipp für dich
Zelebriere deine Aussöhnung
Im Folgenden habe ich dir einige Sätze zusammengestellt, die du dir selbst versichern kannst.
Mach das, während du dich im Spiegel betrachtest. Auch wenn du dir dabei höchst merkwürdig vorkommst. Denn das wirkt sehr heilsam.
Und erlaube dir dabei ruhig, zu schmunzeln, zu lächeln oder gar zu lachen 😊. Das wird dir Endorphine schenken.
Und wie wertvoll diese sind, kannst du in meinem Beitrag „Positive Emotionen“ nachlesen.
Aber auch in meinem Buch „Lebensfreude und Glückseligkeit“.
- Ja, ich sehe es mir nach, wenn ich mich immer wieder zugunsten anderer zurückgenommen habe!
- Ich sehe es mir nach, wenn ich allzu oft nicht auf meine innere Stimme gehört habe!
- Und ich sehe es mir nach, wenn ich mein wahres Wesen immer wieder versteckt und mich verstellt habe, um die Erwartungen anderer zu erfüllen!
- Außerdem sehe ich es mir nach, wenn ich immer mehr gegeben als genommen habe!
- Ich sehe es mir nach, wenn ich meine eigenen Ansprüche viel zu oft zurückgestellt habe!
- Wenn ich mich zu wenig um mich selbst gekümmert habe!
- Und ich sehe es mir nach, wenn ich oft achtlos mit mir umgegangen bin!
- Aber auch wenn ich mir die Fürsorge, die ich anderen zukommen ließ, selbst versagt habe!
- Und ich sehe es mir nach, wenn ich mich selbst wenig oder gar nicht geliebt, angenommen und wertgeschätzt habe!
- Vor allem aber sehe ich es mir nach, wenn ich mein inneres Kind vernachlässigt habe!
Fühlst du nun den tiefen Frieden in deinem Inneren?
Wenn du dir all das nachsiehst, was du damals gar nicht anders machen konntest?
Fazit
In diesem Beitrag habe ich Vergebung und Versöhnung einander gegenübergestellt.
Für mich braucht es keine Vergebung, wenn es keinen Fehler gab.
Abgesehen davon fühlt sich Aussöhnung immer besser an. Auch für meine Seele. Denn diese hält nichts von Wertung, Verurteilung oder Schuldzuweisung.
Und das ist vor allem für unser inneres Kind wichtig. Denn dieser Persönlichkeitsanteil leidet am meisten unter unseren Schuldgefühlen.
Bilder von PIXABAY